Auf Exmoors wilden Straßen nach Wales
- Lisa Turzer
- 26. Juni 2024
- 6 Min. Lesezeit
Steile Straßen in England und wieder mal sehr viel Regen in Wales

Der Ort Tintagel war gut zu uns und ich auch zum Ort. Oder zumindest zu den Besitzer*innen des Parkplatzes, auf dem ich übernachtet habe. Denn ich dumme Nuss habe nicht verstanden wie der Parkautomat und habe plötzlich statt 5 Pfund, 10 bezahlt. Naja, ist wie’s ist. Manchmal sind diese Dinger wirklich nicht unbedingt intuitiv bedienbar, da lob ich mir doch die Park-Apps.

Nachdem ich mir noch Pasty und einen Scone für den Nachmittagstee gekauft habe, geht es weiter. Es regnet die meiste Zeit der Fahrt weiter und weil es auch die nächsten Tage nicht wirklich anders werden soll, versuche ich, dem Regen ein wenig zu entkommen. Der nächste Stopp auf dem Weg Richtung Norden sollte in Exmoor sein. Ein weiterer Nationalpark (mit freilaufenden Ponys, die Pferdemädchen werden das wissen), recht hügelig aber auch am Meer.
Durch den ständigen Regen und das eher „schlechte“ Wetter ist meine Stimmung manchmal eher träge…wenn ich viel im Van abhängen muss, geht es manchmal nur darum: was esse ich als nächstes und wann? Das frustriert und weil auf meiner Strecke zwischen St. Ives und Wales nicht mehr so viele Punkte auf meiner „Was will ich sehen“-Liste habe, bin ich auch etwas planlos und das gefällt mir gerade gar nicht.
Aber auch mit nicht so doller Laune geht’s jetzt weiter und wir fahren auf nassen engen Straßen die Cornish Coast immer die A39 entlang.
Eigentlich sind Straßen, die mit einem A gekennzeichnet sind und dann auch nur eine zweistellige Nummer tragen, meist recht gut in Schuss und auch relativ breit. Diese ist aber alles andere als das. Mich erwarten enge kurvige Straßen, durch die Hügel Cornwalls und Exmoors. Durch den Regen sind auch manche Schlaglöcher nicht sofort zu erkennen. Alles in allem eine recht unentspannte, aber im Grunde landschaftlich schöne Route.

Kurz vor unserem Tagesziel angekommen, erwartet uns allerdings noch der Oberknaller. Um Lynton herum befinden sich diverse Teile der Straße, die einfach unglaublich steil, meist mit 25% Steigung, sind. Sowohl bergab, aber vor allem bergauf wirklich nicht ganz ohne. Mein Van ist ja schon eher schwer und mit 125PS jetzt auch nicht so superstark. Also schleichen wir im ersten Gang den Berg hinauf, hinter uns genervte Autofahrer*innen und direkt neben uns das Meer…sehr steil die ganze Nummer. Oben angekommen, muss ich erst mal einen Schrei loslassen, weil die Konzentration so hoch war, danach erst mal mit Paula eine Runde laufen um die Frustrationsenergie loszuwerden. Wenig später landen wir dann aber an einem schönen geschützten Parkplatz, an dem wir auch übernachten dürfen. Herrliche Aussicht, extremer Wind, da wackelt der ganze Campervan, aber auch das werden wir überleben.
Mit einem wundervollen Sonnenuntergang verabschiedet sich dieser Tag.

Weil es immer wieder regnet, erwartet uns beim morgendlichen Spaziergang ein ganz wundervoller Regenbogen, ja tatsächlich, die Sonne scheint auch mal wieder! Und also ich so mit Paula über Stock und Stein wackele, wird mir plötzlich klar: aus irgendeinem Grund habe ich die ganze Zeit versucht, die Situation zu kontrollieren und konnte mich gar nicht dem Flow des Reisens hingeben und somit auch nicht wirklich meine Umgebung genießen. Oft kommt aber mit der Erkenntnis die Entspannung und weil die Sonnenstrahlen auch immer helfen, konnte ich ein bisschen durchatmen und mich wieder etwas mehr auf die entschleunigte Reise einlassen.
Kurz vor dem Ort Porlock entscheide ich mich eine weitere Route mit 25% Steigung zu umgehen und nehme die Mautstraße, die allerdings auch als Scenic Route ausgeschildert wurde. Und es lohnt sich die paar Pfund zu bezahlen, wesentlich weniger stressig und wirklich tolle Blicke auf die Landschaft. Nach einer Mittagspause mit Spaziergang am Strand in Minehead, steuere ich einen Campingplatz im Umkreis von

Bristol an, nicht unbedingt weil ich muss, sondern weil es einfach keine guten kostenlosen Übernachtungsmöglichkeiten in Ballungsräumen um Städte gibt.
Auch hier sind der Strand und das Meer nicht weit weg, nach 15 Minuten Fußweg erreichen wir den breiten Strand der Bridgwater Bay. Sogar Treibsand gibt es hier, gruselig, habe ich in echt noch nie gesehen. Wenn ich den Blick Richtung Nordwesten richte, sehe ich schon die walisische Küste, denn wir sind nicht mehr weit von der Grenze weg. Am nächsten Tag sind wir also schon in einem anderen Land, aber immer noch im gleichen vereinigten Königreich, schon verrückt ist das.
Wales hat ja auch seine eigene Sprache, alle Straßenschilder sind sowohl in Welsh als auch in Englisch geschrieben. Ich verstehe rein gar nichts, wenn ich etwas in Walisisch lese und noch weniger habe ich Ahnung wie man was ausspricht. Auch nach einem kurzen Youtube Video bin ich nicht viel schlauer, aber nun gut.
Das berühmteste Wort ist der Name einer Bahnstation, das längste Wort, dass es auf Walisisch gibt. Erinnert auch ein bisschen an ein deutsches zusammengesetztes Substantiv…
Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch bedeutet so viel wie "St. Mary's Church in the hollow of white hazel near a rapid whirlpool and the Church of St. Tysilio near the red cave."

In Wales angekommen gestaltet sich die Stellplatzsuche eher schwierig und frustiert mich ein wenig. Außerdem ist die Landschaft zwar doch recht schön bisher, der erste größere Ort, durch den ich fahre, wirkt aber wirklich alles andere als einladend. Ich erinnere mich, dass Wales früher hauptsächlich für Bergbau bekannt war, vielleicht waren das Überbleibsel dieses recht eigenartigen Charmes?
Ich fahre also ein wenig durch den Brecon Beacon Nationalpark und weil ich langsam keine Lust mehr habe zu fahren, stelle ich den Van einfach in einem Layby, also einem Parkplatz direkt neben der Hauptstraße ab. Zum Glück noch mit einem breiten Grünstreifen getrennt, so dass wir nachts nicht von vorbeifahrenden Fahrzeugen durchgeschüttelt werden.
Und auch wenn wir etwas schief stehen und nicht weit von uns viele Autos fahren, haben wir eine ruhige Nacht.
Die eigentlich schöne Aussicht ist am nächsten Morgen vom Nebel und Nieselregen getrübt, ich folge aber einer Empfehlung ins Elan Valley zu fahren. Weil ich gar nicht weiß, was uns da erwartet, steuere ich das Visitor Centre an und parke dort den Dicken. An der Information sitzt eine nette Frau, die ich frage, ob es auch einen seniorenhundefreundlichen Spaziergang gibt, sie erklärt mir, wie ich dorthin komme und schon geht es los. Das Elan Valley besteht aus vielen Wasserreservoirs und Dämmen, Rad- und Wanderwegen. direkt hinter dem Visitor Centre steht der kleinste Staudamm, der jedoch sehr imposant ist und aussieht wie ein menschengemachter Wasserfall, denn das Wasser rauscht laut und mit voller Wucht über den Damm hinunter in den Fluss und dient nicht nur der Frischwasserversorgung sondern auch zur Stromversorgung.

Nach unserem Spaziergang (Wanderung kann man das mit Paula eigentlich nicht mehr nennen) und einem Mittagssnack, nutze ich noch das kostenlose Wlan des Touristenzentrums und arbeite ein bisschen an der Website meines Onkels.
Für diese Nacht finde ich auch einen ruhigen Ort in der Natur, an dem wir ungestört übernachten können.
Ursprünglich dachte ich mir in Wales Zeit zu lassen und die Landschaft etwas mehr zu erkunden. Aber warum auch immer habe ich es zu diesem Zeitpunkt nicht so richtig gefühlt. Mittlerweile habe ich einige Videos über Wales auf dem Kanal von zwei walisischen Youtubern gesehen und denke, auf jeden Fall kann man in diesem Land ein ganz hervorragende längere Zeit verbringen. Wer weiß, vielleicht komme ich ich ja noch mal dorthin, mit etwas Zeit.

Vom Elan Valley führt uns unser Weg Richtung Machynlleth, einen größeren Ort, aber nicht über die schnellere, ausgebaute, sondern über die langsame Straße über die Berge. Ich habe irgendwie gar nichts erwartet, außer eben eine langsamere Fahrt und dann haut mich die Landschaft Wales’ doch noch um. Draußen ist es unglaublich windig, ich versuche ein paar Fotos zu machen, aber es ist eiskalt. Also fahren wir weiter Richtung Stadt, dort gibt es ein Toastie und einen Kaffee zu Mittag und weil ich nicht auf dem Parkplatz dort übernachten will, der erscheint mir ein wenig gruselig, fahren wir noch eine halbe Stunde weiter, Richtung Meer und landen, wieder über eine enge, schlängelnde Straße, in Fairbourne. Dort hat die Gemeinde einen Parkplatz als Wohnmobilstellplatz umgebaut und wir dürfen dort 24 Stunden stehen, es gibt sogar Frischwasser. Es ist wirklich nicht so sich mit Trinkwasser zu versorgen, manchmal auch echt schwierig den Müll loszuwerden. Bin also um jede Möglichkeit froh.

Wir gehen also noch ein wenig an der Strandpromenade spazieren, auch wenn das Meer und das Wetter alles andere als einladend sind. Aber morgen soll dann doch auch mal wieder die Sonne durchkommen. Sehr gut, denn der nächste Stop auf der Liste ist der Snowdonia National Park. Und da dieser zum Wandern einlädt, wäre ein bisschen netteres Wetter schon von Vorteil.
Als am nächsten Morgen die Sonne scheint, zeigt sich Wales zum ersten Mal in all seiner Schönheit…die Berge direkt am Meer, die Sonne und Wolken in den Gipfeln, das riesige Flussdelta, das zwischen Fairbourne und Barmouth liegt, schimmert und leuchtet. Es erinnert mich hier an Schottland, auf das ich mich schon so sehr freue. Und ich hoffe, Wales hält auch noch ein paar sonnige und interessante Tage für mich bereit.












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