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NC500 und Abschied von Schottland

Eine Runde Nordschottland...mit Werkstattbesuch und Abschiedsschmerz

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Ardvreck Castle

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Nun geht es an die letzte größere Runde in Schottland…die NC500, North Coast 500. Die Route führt an der schottischen Nordküste entlang und wurde in den letzten Jahren immer beliebter bei Reisenden. Einige Anwohner*innen sind wohl nicht besonders glücklich darüber, denn hier drängen sich oft viele Wohnmobile durch die engen Straßen und die schlängelnden Wege entlang. Campingplätze sind rar und schnell ausgebucht, gut, dass ich darauf nicht so oft angewiesen bin.

Ich habe also ein bisschen Bammel, dass ich ähnliche Erfahrungen wie auf den Lofoten machen werde, nur weiße Wohnmobile und kaum noch Plätze zum entspannt einfach nur sein. Doch so schlimm wird es nicht…


Das Festland in Ullapool begrüßt uns mit starkem Wind, Regen und dunkelsten Wolken.

Ich war schlau und habe einen Campingplatz gebucht, weil ich schon weiß, dass ich nach so einer Fährfahrt und einem vollen Tag nicht noch Lust habe einen Stellplatz zu suchen.

Wir landen also abends dort und ich freue mich, dass ich die Heizung anmachen kann und mir etwas zu essen mache. Heizung Anfang Juni, naja, ist eben Schottland, kannste nix machen.

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am Campingplatz nahe Ullapool

Doch am nächsten Morgen lässt sich wieder die Sonne blicken und ich kann meinen Plan, auf den Stac Pollaidh zu wandern tatsächlich umsetzen. Alleine natürlich, denn Stac Pollaidh bedeutet übersetzt „steep rock at the pool“ und tatsächlich geht’s hier einfach nur steil bergauf. Ein guter Weg, aber einfach mal wieder direkt, ohne Serpentinen oder ähnliches. Der Wind ist an diesem Tag brutal, wirklich einfach nur brutal und im Gipfel hängen Wolken. Ich traue mich also nicht bis ganz nach oben zu gehen, es ist mir einfach zu windig und alleine habe ich dann doch einfach Angst. Ich laufe also die Runde, die Aussicht ist trotzdem die ganze Zeit ganz herrlich. Als ich ziemlich erschöpft, vor allem von dem starken Wind, wieder unten ankomme und den Hund kurz aus dem Auto lasse um sich zu erleichtern, fällt mir auf, dass wir von einigen Rehen und Hirschen beobachtet werden. Sie stehen einfach direkt am Straßenrand und lassen sich von uns kaum beim Fressen stören.


Wir finden ein wenig vom Ausgangspunkt der Wanderung entfernt einen netten Übernachtungsplatz, doch leider bleibt der Wind ziemlich heftig und es regnet nachts auch noch stark, so dass ich kaum ein Auge zu mache. Wirklich ein anstrengender Part des Campens, auf den ich gut und gern verzichten könnte. Ich bin sowieso oder vielleicht auch wegen des Schlafmangels nicht besonders gut drauf, ich habe richtige Zukunftsängste in dieser Zeit. Ich frage mich, wo ich wohl mal lande, ob ich mich irgendwann dazu aufraffen kann, etwas zu arbeiten und was? Und ob ich einen Riesenfehler gemacht habe, so viel Geld für diese Reise zu investieren. Und ob ich für immer allein sein werde. Und was mit meinen Freunden ist, muss ich wieder in Berlin leben um noch Kontakt mit allen halten zu können? Das will ich auf keinen Fall.

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am Ardvreck Castle

Nachdem ich mich ein bisschen ausgeheult habe, fahren wir los. Ich möchte eine Runde fahren, die ich auf einem Instagramaccount gesehen habe, diese Strecke führt von Lochinver über den Clachtoll Beach und Drumbeg nach Kylesku.

Eine schöne Strecke, landschaftlich wirklich beeindruckend…es lohnt sich sehr.

In Lochinver habe ich mir als Mittagessen noch einen Haggis, Neeps & Tatties Pie gekauft, dann folge ich der schier endlosen einspurigen, sich durch die Landschaft windenden Straße, mit einigen Zwischenstopps um Fotos zu machen oder am Strand spazieren zu gehen.

Wunderschön, rau, kaum ein Mensch zu sehen, außer dem Gegenverkehr, der uns hin und wieder begegnet.

Doch nach einer Nacht mit wenig Schlaf, bin ich am Ende der Runde ganz schön erschöpft, so eine Straße erfordert so viel Konzentration, aber wir finden dann doch noch ein ruhiges Plätzchen zum Verweilen.


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Unwetter über Scourie


Während wir in Scourie eine schöne kleine Runde an der Küste entlang gehen wollen, Paula ist ausnahmsweise auch einmal voll motiviert, erwischt uns ein heftiger Hagelschauer, zum Glück habe ich die dunklen Wolken rechtzeitig bemerkt und bin umgedreht und der heftigste Guss kommt, als wir im Auto sitzen, doch es hat unseren Spaziergang ziemlich abgekürzt und nochmal mit meiner alten Dame loslaufen, wird sie nicht mitmachen. Also gebe ich auf und fahre noch ein Stück, halte zwischendurch immer mal an um ein paar Bilder zu machen und mache noch einen Abstecher nach Oldshoremore, mit einem abenteuerlichen Weg hinunter zum Strandparkplatz, aber was soll’s, anders geht es hier eben nie.

Und auf dem weiteren Weg begegnet mir dann der ultimative Stellplatz, zumindest was den Blick angeht. Zwar direkt neben der Straße, aber doch weit genug weg um geschützt zu sein, doch mit einer Aussicht…unglaublich! Ich sitze den ganzen Nachmittag in der Tür oder am Fenster um die Natur dabei zu beobachten, wie sie so ihr Ding macht und kann es die meiste Zeit gar nicht fassen, dass ich wirklich hier bin.






Weil der nächste Morgen uns ausnahmsweise mal mit Sonne begrüßt, ist unser nächster Halt: Smoo Cave.

Das Wetter in diesem Sommer ist laut der Einheimischen oder auch der Reisenden aus Großbritannien, doch eher untypisch. Es is kalt, regnerisch und windig, für den Juni dann offenbar doch nicht gewöhnlich.

Also machen wir, immer wenn die Sonne sich zeigt, das Beste daraus.


Smoo Cave ist eine Kalksteinhöhle, die sowohl direkt durch Meeresbrandung als auch durch einen Bachlauf ausgehöhlt wurde. Hier sollen sich schon Wikinger und Schmuggler versteckt und Gangster aus dem 16. Jahrhundert ihre ermordeten Opfer entsorgt haben. An guten Tagen kann man auch Führungen in die dritte Kammer der Höhle machen, leider hat es die Tage vorher so viel geregnet und der Wind ist so stark, dass ich nur einen kleinen Blick ins Innere der zweiten Kammer werfen kann. Trotzdem ein schöner Ausflug, ein paar Schafe sind auch der Meinung und besuchen mit uns die Höhle.

Wir landen auf einem Campingplatz an der Talmine Bay, sehr schön gelegen, aber ich fühle diesen Ort gar nicht, ist mir von Anfang an unsympathisch, manchmal ist es einfach so und ich entscheide mich am nächsten Tag weiterzufahren, auch wenn ich ursprünglich zwei Nächte dort eingeplant hatte.

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Melvich Beach

Wir landen dann zufällig am Melvich Beach, das Wetter lässt weiterhin zu wünschen übrig, es ist kalt und regnet immer wieder mal, für Juni wirklich gruselig und bedeutet leider auch viel Zeit um im Van rumzusitzen. Auf so engem Raum wirklich kein großer Spaß. Außerdem bin ich gerade ein wenig reisemüde und traurig, dass ich Schottland auch bald verlassen werde. Zumindest denke ich das gerade noch…mein Van hat jedoch ein bisschen anderes für uns vor.

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Dunnet Head Lighthouse

Als wir in Dunnet Head ankommen, wird ein Geräusch am Auto immer lauter, dass mir ganz leise schon auf den äußeren Hebriden aufgefallen ist. Das macht mir ein wenig Sorgen und ich telefoniere ca. 20 Werkstätten ab, einige in Inverness, andere auch noch im Norden um einen Termin zu bekommen. Alle haben erst Anfang Juli oder auch später etwas frei, ich erreiche dann aber doch in einem kleinen Ort namens Castletown eine Werkstatt, auf deren Termin ich „nur“ 9 Tage warten muss. Und der Mechaniker bietet mir an, dass ich einmal kurz vorbeikomme um mit mir eine Runde zu drehen und abzuchecken, was denn eigentlich los sei.

Er ist sehr nett und witzig und stell schnell fest: das Radlager ist durch und auch die Bremsscheibe sollte deswegen erneuert werden, also doch eine größere Nummer, aber gut, was soll’s.

Ich beschließe also, den Termin mit ihm zu vereinbaren und mich auf einen Campingplatz in der Nähe zu begeben, weil ich immer ein schlechtes Gefühl habe, länger mit einem kaputten Autoteil herumzufahren.


Und so verbringen wir eine gute Woche auf dem Dunnet Caravan Club Campingplatz, der zu meiner Mitgliedschaft des Caravan and Motorhome Clubs gehört und mich dadurch nicht ganz so viel kostet.

Wir stehen dort direkt am Strand, sind mit Strom, Toilette und Wasser versorgt und die Mitarbeiterin des Platzes ist eine superherzliche Frau.

Wenn das Wetter es zulässt, es bleibt weiterhin recht kühl und sehr nass, erkunden wir zu Fuß den Strand und den nahegelegenen Community Forest, Wälder sind in Nordschottland eher einer Rarität. Doch dieser Wald ist wirklich eine Oase, so schön gepflegt, mit vielen Tieren und Pflanzen, die es zu entdecken gibt, wunderbare Spaziergänge, die wir dort machen und die Waldluft und Ruhe genießen.

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bei Kinlochewe

Nachdem mein Auto endlich repariert ist und leiser schnurrt als eine ganze Weile zuvor, geht es in Richtung Inverness weiter.

Ich habe mich dazu entschieden, nicht direkt in Richtung Fähre nach Irland zu fahren, sondern nochmal einen Abstecher an die Westküste zu machen, weil die Gegend einfach viel schöner ist um dort zu fahren und noch ein paar Stopps einzulegen.

In der Gegend um und in Inverness erledige ich noch ein paar Dinge, wie eine volle Gasflasche besorgen oder Wäsche waschen und dann geht es Richtung Kinlochlewe und den Beinn Eighe.

Nach einem langen Tag finden wir uns in einer wundervollen Gegend wieder, das satte Grün und die Berge, ganz nach meinem Geschmack. Die Stellplatzsuche erweist sich allerdings als schwierig, ich merke mal wieder, dass eben Hauptsaison ist, also fahre ich kurzerhand den örtlichen und einzigen Campingplatz an. Gute Wahl, wir haben eine ruhige Nacht mit schönem Morgenspaziergang.


Endlich scheint mal wieder die Sonne und ich und Paula fahren nach Torridon. Die Single Track Road von Kinlochewe nach Torridon ist einfach ein Traum, eine absolute Scenic Route und ich bleibe ein paar Mal stehen um Fotos zu machen.

Wir fahren nach einer Mittagspause im Örtchen Torridon weiter nach Plockton und besuchen dort auch noch den Coral Beach, der ein bisschen versteckt liegt und erst nach einem 20minütigen Spaziergang zu erreichen ist, aber wirklich schön liegt.

Zehn Minuten von meinem Parkplatz finde ich ein Takeaway, die frische Fish&Chips anbieten und ich gönne mir ein Abendessen, tut manchmal auch sehr gut, nicht selber zu kochen und es schmeckt richtig gut.

Mittlerweile ist schon Sommersonnenwende und um uns herum gehen wohl einige Jugendliche an den Strand um die kürzeste Nacht des Jahres dort zu verbringen, doch ich gehe früh ins Bett.


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nach Torridon
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Eilean Donan Castle

Die Nacht ist für mich trotzdem kurz, der Hund weckt mich um vier Uhr morgens und muss raus, auch das gehört manchmal dazu. Also gibt es mal eine zweite Tasse Kaffe zum Frühstück.

Heute geht es in Richtung Glencoe, ich will die Highlands noch so lange es geht auskosten und finde einen guten Parkplatz, zwar mit der Straße im Rücken, doch wir sind gut geschützt und einem herrlichen Ausblick auf Berge und Loch, auch bei Regen, der die letzten Wochen unser ständiger Begleiter ist.

Wenn du auf dem Weg von der Isle of Skye oder eben aus Plockton kommst, mach auf jeden Fall einen Halt bei Manuelas Wee Bakery, eine kleine Bäckerei mit Brot, Pizza und süßen Sachen…so lecker!

Und natürlich liegt auch das Eilean Donan Castle auf dem Weg, dort habe ich aber nur ein schnelles Foto gemacht, der Menschenandrang war mir einfach zu viel.


Die ganze Fahrt macht mich sehr traurig, weil ich es so schön finde hier und ich weiß, dass ich nicht für immer da bleiben darf. Deswegen versuche ich jede Sekunde so gut es geht zu genießen. Auch den nächsten Übernachtungsort mit Blick auf Buchaille Etive Mor kenne ich schon, vor knapp zwei Monaten war ich da schon einmal aber der Blick auf Glencoe und die Heide ist einfach so fantastisch, dass ich beschließe, den ersten Sonnentag seit Wochen dort zu verbringen. Zwar ist auch hier eine viel befahrene Straße im Hintergrund, aber das Internet ist bestens und wir bleiben die meiste Zeit alleine. Und die Aussicht: unbezahlbar und doch kostenlos!


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Glen Etive
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Und dann ist der Tag gekommen, ich nehme Abschied von den Highlands und nehme eine längere Fahrt auf mich um in Südschottland nochmal einen Campingplatz aufzusuchen um dann bald dir Fähre nach Nordirland zu nehmen.

Eine Nacht stehe ich noch „frei“ neben einem älteren schottischen Herren mit Wohnmobil auf einem Parkplatz mit Blick auf die Insel Ailsa Craig. Diese klitzekleine Insel ist der einzige Ort auf der Welt (!) von dem Granit abgebaut wird, der zu Curlingsteinen verarbeitet wird. Verrückt.

Ich kann noch ein paar Robben beobachten und abends haben wir den traumhaftesten Sonnenuntergang, den ich bislang in Schottland zu sehen bekommen habe. Ich trinke noch ein, zwei Gläaser Whisky mit meinem Nachbarn, der sich genauso für die Aussicht und den Sonnenuntergang begeistern kann wie ich.

Ein wirklich wunderbarer Abschied von diesem Land, das ich die letzten drei Monate noch mal mehr lieben gelernt habe.

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Sonnenuntergang bei Ailsa Craig
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Das war definitiv nicht mein letzter Besuch und wer weiß, vielleicht gibt es ja doch irgendwann einmal für mich die Möglichkeit länger oder ganz dort zu bleiben. Ich wünsche es mir sehr!


 
 
 

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