Wir sind in Irland: Causeway Coast und der Start in den Wild Atlantic Way
- Lisa Turzer
- 11. Aug. 2024
- 9 Min. Lesezeit


Paula und ich sind auf einer Fähre. Mal wieder. Sind wir ja mittlerweile Profis drin. Trotzdem ist es immer wieder total aufregend und diesmal auch ganz komisch, denn auf dieser Überfahrt von Schottland nach Nordirland dürfen Hunde nicht mit an Deck, sondern müssen im Auto bleiben.
Das finde ich eher uncool, Paula auch, aber was sollen wir machen. Ich checke also am Terminal ein, online hieß es, ich müsste auch meinen Reisepass zeigen, denn, wie ich später lese, wir übertreten die Grenze zwischen UK und EU auf dem Wasser.
Doch die Damen wollen nur unser Ticket sehen, ich kriege einen Anhänger für den Rückspiegel, auf dem vermerkt ist, dass ein Haustier mit an Bord ist, das wars. Ach so, einmal den Van angeguckt, also von innen, haben die Grenzbeamten schon, schließlich könnte ich ja jemanden schmuggeln. Allerdings waren sie total nett und ich musste noch nicht einmal meine Schiebetür aufmachen, weil der Hund Angst vor den beiden hatte. Also alles schnell erledigt.
Die Überfahrt dauert zwei Stunden, man kann sowohl direkt nach Belfast als auch in das kleinere Larne fahren, dass ein wenig nördlich Belfasts liegt. Für den kleineren Ort habe ich mich natürlich entschieden, auf die Großstadt habe ich wirklich gar keine Lust, auch wenn sie bestimmt eine Reise wert ist.
Paula macht ihre Sache ganz gut, sie freut sich tierisch (hihi, was sonst?) als ich wiederkomme und sie hat Durst. Sie muss aber noch ein wenig durchhalten, wir fahren nach Ankunft nur noch zwanzig Minuten und haben schon einen ganz netten Parkplatz gefunden. Rechts neben uns das Meer, links die Straße. Doch die Platzauswahl an der Antrim Coast ist etwas rar, da kann ich nicht mäkelig sein und ich sage es gerne immer wieder: GRATIS!
Meine Lieblingsplaylist fürs Fahren durch Irland findest du hier:
Ich sehe mir abends noch eine Dokumentation über die „Troubles“ in Nordirland zwischen den 70er und 90er Jahren an und finde, dass der Begriff „Troubles“ nicht ansatzweise dem gerecht wird, was dort geschehen ist. Das war ein Bürgerkrieg, sagen wir wie’s ist. Wusstest du, dass es in Belfast immer noch Mauern gibt, die protestantische Wohngebiete von katholischen trennen? War mir nicht bewusst. Eigentlich hätten diese Mauern wohl 2023 entfernt werden sollen, aber es ist einfach nicht passiert.
Eine Person, die in der Doku interviewt wurde, meinte: es ist auch egal, die Mauern sind sowieso in unseren Köpfen. Wir wissen ganz genau, wo die Grenzen sind.
Hat mich sehr an Deutschland erinnert. Auch wir sprechen immer noch von Ost und West und alle wissen sehr genau wo Grenzen sind oder wo es „anders“ wird.
Traurig macht mich das, diese wenige Aufarbeitung unserer eigenen Geschichte.
Aber gut, wir machen uns auf den Küstenweg entlang des County Antrim, unter anderem werden wir hier auch den Giants Causeway besuchen, von dem doch die meisten Menschen schon etwas gehört oder gesehen haben.
Der erste Halt ist erst einmal einer für Paula, um sie ein bisschen zu bewegen, aber natürlich auch für mich. Wir besuchen den Glenariff Forest Park, als wir ankommen, ist nur ein anderes Auto da und ich denke schon, der Park ist vielleicht geschlossen, aber nein. Das unbeständige Wetter oder die frühe Uhrzeit hat wohl noch keine anderen Touristen angelockt.
Ich kann meine alte Hundedame mal wieder zu einem längeren Ausflug überreden, sie hat ja zum Glück am Anfang noch keine Ahnung, wie weit wir laufen. Ich entscheide mich für die Wasserfallrunde, ca. 3km lang. Als es relativ lange bergab ins Tal geht, denke ich schon, na, ob sie das macht, da auch wieder hochzulaufen, aber sie hat. Mit Pausen und ganz langsam, aber sie ist mitgekommen.
Der Park hat sich gelohnt für einen netten Spaziergang mit Besuch der Schlucht, in der sich die Wasserfälle befinden. Auch einen Tea Room gibt es hier oder einfach nur eine Aussichtsplattform, zu der man keinen langen Weg laufen muss.

Die Stellplatzsuche gestaltet sich ein klein wenig schwieriger, viele Parkplätze an der Küste sind höhenbeschränkt und ich möchte auch nicht wirklich ins Landesinnere fahren. Ich fahre also an einigen Orten, die wahrscheinlich sehenswert sind vorbei und wir landen dann in der Nähe eines Strandes, der White Park Bay. Ein wunderschöner Sandstrand an dem man herrlich Spazierengehen und wahrscheinlich auch Schwimmen kann, aber der Regen erwischt uns wieder einmal und wir chillen im Van.

Der Giant’s Causeway wartet am nächsten Tag auf uns. Ich habe online gesehen, dass man sich im Voraus ein Parkticket mit Zeitfenster buchen kann, das mache ich einfach mal. Ist nicht zwingend nötig, merke ich, als ich ankomme, doch es ist Hochsaison und ich wollte auch nicht umsonst dorthin fahren.
Es ist wirklich eine ganze Menge los, hier sind wir definitiv nicht allein! Eine kleine Völkerwanderung, die sich auf den Marsch zu den berühmten Basaltsäulen macht.
Es gibt verschiedene Wanderwege, die man begehen kann, mit Paula im Schlepptau entscheide ich mich für den Kürzesten, der für meine Seniorin auch schon fast zu viel wird. Ich hingegen, hätte mich gerne noch länger bewegt. Auch für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, ist hier gesorgt, es fährt ein Shuttlebus regelmäßig zu den Steinen hinunter und wieder hinauf, nur Hunde sind dort leider nicht erlaubt.
Aber egal, Paula ist bei den Touris recht beliebt, vor allem die Amerikaner*innen sprechen mich oft darauf an, was ich für einen süßen Hund dabei habe und wie brav sie doch ist. Beides kann ich nur bejahen.
Wir laufen also zwischen diesen verrückten sechs- bis 12-eckigen Steinen herum und ich höre mir im Audioguide interessante Fakten und Geschichten an, die ich allesamt innerhalb einer halben Stunde danach wieder vergesse. Doch wir haben einen guten Ausflug, ich bin froh, hier angehalten zu haben.
Eigentlich hätte ich dringend eine Dusche nötig, doch Campingplätze lachen mich alle nicht besonders an. Daher verbringen wir zwei Nächte an einem Aussichtspunkt, von dem aus ich schon Donegal, also die Republik Irland sehen kann. Irgendwie freue ich mich aus einem unbestimmten Grund sehr, wieder in Irland anzukommen, mit Euro bezahlen zu können, Geschwindigkeitsangaben wieder in km/h statt mph lesen zu können und zahlreiche Pubbesuche mit Livemusik zu genießen.

Also bin ich durch Nordirland irgendwie so durchgerauscht, obwohl das Landesinnere doch auch noch einiges zu bieten hat und die Menschen hier auch unglaublich freundlich sind. Und natürlich möchte ich auch irgendwann Derry besuchen, wo in den 90ern der Bloody Sunday stattfand. Aber das mache ich dann wohl alles mal ohne meinen Hund.
Irgendwie bekomme ich auch noch kein richtiges Gefühl für Irland, mein Herz hängt gerade noch zu sehr an Schottland und ich vermisse es zu sehr, als dass ich die Gegend gerade in mich aufnehmen könnte.
Grenzkontrollen gibt es übrigens auch nach dem Brexit nicht wieder zwischen Nordirland und der Republik. Die Länder konnten sich, um nicht wieder Konflikte heraufzubeschwören, darauf einigen, die Landesgrenzen auf den Ozean zu verlegen. Aus mehreren Gründen wohl auch schwierig, doch das Leben und Reisen macht es deutlich einfacher. In einem Pub in Donegal, beispielsweise, das recht grenznah liegt, zahlen Gäste sowohl mit Euro als auch mit Pfund.
Nach ziemlich genau 4 Monaten im Vereinigten Königreich, betrete ich jetzt also wieder die Europäische Union.
Auf in die Republik Irland!

Ende Juni überfahre ich mit meinem Campervan die Grenze von Nordirland nach Irland und lande in Donegal. Das nördlichste der irischen Countys präsentiert sich mir gleich mit schönem Wetter und einem herrlichen Sandstrand, auf dessen Parkplatz ich auch über Nacht bleiben darf. Natürlich wird der Sonnenschein auch noch für einen kurzen Dip ins Wasser genutzt und nachdem der Hund abends versorgt ist, laufe ich knapp 20 Minuten zum nächstgelegenen Pub. Das ist nämlich eines der schönen Dinge in Irland. Man kann wirklich gefühlt am Ende der Welt sein, in einem noch so kleinen Dorf, in dem wirklich gar nichts los ist, ein Pub gibt es eigentlich immer. Meistens sogar noch mit Livemusik. Und weil das Internet sagt, dass heute dort Musik gespielt wird, ist mein Anreiz noch größer, dem Pub einen Besuch abzustatten.
Und es ist einfach so nett, wie ich es in Erinnerung habe. Das Pub ist gerammelt voll, es wird gegessen, getrunken, gequasselt und während zwei Musiker spielen und singen, läuft hinter mir auch noch Fußballeuropameisterschaft im Fernsehen. Turbulente Kulisse!
Ich setze mich an den Tresen, bestelle ein Guinness und zeichne ein paar Menschen an der Bar und ein wenig Interieur. Ein guter Zeitvertreib, wenn ich alleine in der Kneipe bin und ins Gespräch kommt man hier eigentlich sowieso.
Ein gelungener erster Abend in Irland.
Wir sind auf der Halbinsel Inishowen und einer meiner markierten Orte, die ich besuchen wollt befindet sich an der nördlichsten Stelle, Malin Head. Wie ich erst vor Ort feststelle, ist dies der nördlichste Punkt Irlands und außerdem wurde dort wohl etwas für Star Wars gedreht, so dass dieser wilde Teil der Insel doch schnell recht voll wird. Ich laufe mit Paula ein wenig und nachdem wir die Spitze erkundet haben, landen wir in Culdaff an einem weiteren Strandparkplatz, an dem wir nicht die einzigen Camper sind und ich mich nett mit einem älteren Ehepaar aus Köln unterhalte, die auch schon eine Weile in Irland unterwegs sind.

Eigentlich fast alle Urlauber oder Reisende folgen hier dem Wild Atlantic Way, eine 2600km lange Strecke, entlang der Westküste Irlands, von Inishowen im Norden bis Kinsale im County Cork im Süden.
Von extremen Klippen, Bergen, pittoresken Orten und traumhaft schönen Stränden ist hier wirklich alles dabei.
Nachdem ich eine Nacht in Letterkenny verbracht habe, der örtliche Gaelic Football Club bietet hier seinen Parkplatz für wenig Geld zum Übernachten und Versorgen an, geht es zum nächsten Leuchtturm: Fanad Head.
Und dort bin ich endlich mal verabredet, irgendwie hat mein Plan unterwegs viele andere Reisende kennenzulernen, nicht so gut geklappt, wie es gehofft hatte. Doch nun habe ich mich mit einem Pärchen aus Bielefeld verabredet, die auch gerade mit ihrem selbstausgebauten Camper, Don Lemon, unterwegs sind.


Es ist recht windig, als wir uns treffen und der Wetterbericht sagt voraus, dass es wohl auch noch ziemlich heftig wird, die Tage, aber was soll’s. Wir richten für eine Nacht ein gemeinsames Camp am Meer ein, wo es uns zwar ganz schön durchruckelt, aber mal gute Gespräche führen und nicht immer alleine abhängen ist viel wert.
Wir drei haben gerade gemeinsam, dass wir etwas reisemüde sind und schon gar keine Fotos mehr machen können, weil wir einfach nicht mehr können. Die beiden haben noch ca. drei Wochen in Irland und machen sich dann nach etwas mehr als einem Jahr Vollzeitreise, wieder auf den Weg nach Hause.
Gestärkt von unseren Gesprächen verlassen wir am nächsten Tag leider in entgegengesetzte Richtungen den Ort am Meer und ich fahre weiter den Wild Atlantic Way Richtung Süden.
Der sehr starke Wind soll noch ein bis zwei Tage anhalten, also mache ich einen kleinen Abstecher in den Glenveagh National Park und laufe mit Paula dort eine kleine Runde. Dort sieht es ein wenig aus, wie in den schottischen Highlands und das macht mich sehr glücklich. Eigentlich kann man einen Weg zum Schloss laufen, doch der ist hin und zurück 8km lang und ich möchte Paula an diesem Tag nicht alleine im Van lassen. Also laufen wir die seniorengerechte Runde, das ist auch in Ordnung und finden später einen windgeschützteren Ort um eine ruhigere Nacht als die Letzte zu verbringen.

Wir zuckeln weiter auf Irlands Straßen, die wirklich eindeutig schlechter als schottische beschaffen sind. Und definitiv auch enger. Ich bin froh, dass mein Van nicht besonders breit ist, wie hier Leute mit einem klassischen Wohnmobil fahren, ist mir völlig schleierhaft.
Die Bodenwellen im Teer sind manchmal so extrem, dass alles im Van inklusive Paula und mir meistens ordentlich durchgeschüttelt wird. Der Wild Atlantic Way folgt natürlich nicht nur den gut ausgebauten Hauptstraßen, sondern oft juckelt man eben irgendwo in der Pampa herum, auf Straßen, auf denen es weder zwei Spuren, noch Ausweichstellen gibt. Muss man eben beten, ist ja ein recht katholisches Land.
Deswegen mache ich am Tag nicht so viel Strecke, denn das stresst mich nur.

Die Reise führt uns über den Glengesh Pass (ja, wieder im ersten Gang um Kurven fahren, yay!) und Glencolumbkille nach Sliabh Liag.
Dort gönne ich mir, weil ich Paula mitnehmen darf, den Bus zum Aussichtspunkt, von dem aus ich dann noch ein wenig nach oben laufen möchte, so weit Paula es eben mitmacht.
Sliabh Liag gehören zu den größten Klippen Europas, ragen sie doch 600m übers Meer hinaus.
Beeindruckend und ganz anders, als zum Beispiel die Cliffs of Moher. Im Prinzip steht hier einfach ein Berg, direkt im Wasser. Unglaublich. Und auch das Wetter lässt uns nicht im Stich, der Gipfel der Cliffs hängt ein wenig in Wolken doch ab und an blitzt auch die Sonne durch und es bleibt trocken. Mit dem Busfahrer komme ich auf dem Rückweg ein wenig ins Gespräch und ich kann meine nicht trainierten Irish-Kenntnisse ein wenig an ihm üben, denn die Region in der ich bin, ist ein Gaeltacht, dort ist die vorherrschende Sprache Irish, nicht Englisch. Aber keine Sorge, englisch sprechen wirklich alle. Aber untereinander Irishsprechende zu hören, ist schön, denn es ist eine vom Aussterben bedrohte Sprache.
Mittagspause machen wir dann an einem schönen Ort am Meer, auch dort drehen wir noch eine kleine Runde, so langsam werde ich mit Irland wieder warm, es ist schon schön hier. Und Sliabh Liag ragt so in die Höhe, dass ich die Klippen von weitem immer noch gut sehen kann.
Zum Abschluss des Wochenendes landen wir am Sonntag in Donegal Town, auf dem übervollen Parkplatz des Hafens dort, darf man mit Wohnmobilen und Campern übernachten, das nutze ich, weil ich mal wieder unter Leute und ins Pub will.
Die Stadt ist voll, aber wir finden einen guten Parkspot und mein Bedürfnis nach Musik und ein wenig Gesellschaft wird gestillt. Trotzdem freue ich mich wieder auf einen nächsten Ort, wo etwas weniger Trubel herrscht.





















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