Über Dartmoor bis zum südlichsten Punkt Großbritanniens
- Lisa Turzer
- 19. Juni 2024
- 6 Min. Lesezeit
Ponys & heftiger Wind, nasser Start in Cornwall und ein Ort namens Eidechse

Meine Heizung ist kaputt.
Es ist Anfang März in Südengland, nicht gerade Temperaturen wie auf den Kanaren.
Sie raucht ganz weiß und ziemlich stark und dann plötzlich zeigt mein Kontrollpanel eine Fehlermeldung an und das dumme Ding geht aus.
Na toll. Ich sehe mich schon alle Decken und Jacken rausreißen, Paula heute Nacht in ihrem Wintermantel schlafen und zittern.
Was mache ich nun also? Klar, das Nuggetforum konsultieren. Denn weil dieser Van, den ich da fahre, einen richtigen Fanclub hat, gibt es auch ein ziemliches Oldschool-Forum dazu. Und in diesem Forum findet man alles, wirklich alles.
Und ich habe Glück! Das Problem sei bei einigen schon mal aufgetreten und sei wohl bloß Feuchtigkeit und Schmutz im Schlauch der Dieselstandheizung, darum raucht das ganze so, weil diese quasi verbrennen.
Also bin ich einfach mutig und schalte die Heizung nochmal ein. Und siehe da, geschafft! Sie läuft! Raucht nur kurz noch ein klein wenig und dann schnurrt und heizt sie wieder einwandfrei. Mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen, hab ich Paula und mich ja schon als Eisblöcke gesehen.
Das sind so Momente, da könnte ich kurz mal schreien, weil ich keinen Plan habe, was ich tun soll, hab doch auch wirklich keinen Plan von Autos. Und weil der Dicke mich im Winter des Öfteren im Stich gelassen hatte, war ich auch noch ein wenig misstrauisch. Das war jetzt also nochmal gut gegangen.

Von meinem Luxuscampingplatz hoch über dem Meer wollte ich als nächstes in den Dartmoor National Park. Auf dem Weg weiter Richtung Westen kommt man durch diese Gegend, „the Moors“. Klingt nach Moor, matschig und schlammig, aber „moor“ würde man auf Deutsch als Heideland übersetzen. Und Heide gibt es wirklich ohne Ende. Wunderschön, auch schon um diese Jahreszeit, wo sich der Winter gerade langsam verabschiedet. Die Farben jedoch sind auch im März schon grandios, meistens gibt es auch viel Wasser und auch große Findlinge, die in die Landschaft ragen.
Und weil ich irgendwie ein wenig emotional unterwegs bin an diesem Tag, packt mich Dartmoor so richtig.
Auf der Wanderapp Komoot suche ich mir eine Paulafreundliche Wanderung durch die Heide aus und fahre zum Ausgangspunkt. Natürlich wieder mal eine recht steile, enge Straße mit Hecken links und rechts. Und irgendwie wundere ich mich beim Hinauffahren, dass ich gefühlt gar nicht vorankomme. Noch steiler, als ich annehme? Seltsam.

Als ich dann oben am Parkplatz angekommen bin, merke ich, was das Problem war. Wind! Und zwar einer von der extremen Sorte. Ich bekomme kaum die Fahrertür auf, so stark prescht der Wind hier über die Anhöhe. Aber die Sonne scheint und die Landschaft gefällt mir auf Anhieb extrem gut. Nach einer kleinen Mittagsstärkung trauen wir uns also den Van zu verlassen, ist sowieso angenehmer draußen, als im wackelnden Bus zu sitzen. Weil es auch in Dartmoor freilaufende Ponys gibt, treffen wir, außer den Schafen, eben auch diese. Leider habe ich vergessen, meine Kamera mitzunehmen und bin auf mein Handy angewiesen. Bei dem Wind ist es aber auch gar nicht so einfach Fotos zu machen.
Die ganze Zeit habe ich den Soundtrack von Pride & Prejudice im Ohr, passt einfach in diese Landschaft. So funktioniert mein Gehirn oft, spielt mir einfach Musik mit in die Szenerie. Nicht die schlechteste Eigenschaft muss ich sagen.
Am „Ziel“ angekommen, ein Aussichtspunkt aus riesigen Felsen bestehend, die aussehen, als hätte ein Riese sie dorthin gestellt, ist der Wind immer noch heftig und wir stellen uns in den Windschatten eines Steins, zu dem uns drei Frauen gewinkt haben. Die Gruppe kommt aus Plymouth, die nächste größere Stadt in der Gegend, „the moors“ sind deren wochenendliche Ausflugs- und Wanderziele. Verständlich, hat man von hier bei so gutem Wetter wie heute doch einen Blick bis ans Meer. Nachdem wir uns eine Weile unterhalten hatten, gingen wir wieder unserer Wege, wir zum Van zurück.

Ich war ganz beseelt nach diesem Spaziergang, ganz nach meinem Geschmack und sogar Paula, die alte Dame, hatte es super hingekriegt.
Wir fuhren noch ein wenig weiter in die Dartmoors hinein, zum ersten Mal musste ich auch umdrehen und eine andere Strecke fahren, denn eine zu niedrige Brücke war mir im Weg.
Die Straßen der Gegend bestehen eigentlich nur aus einspurigen Wegen mit massiven Hecken auf beiden Seiten, so dass ich die meiste Zeit beten musste, dass mir niemand entgegen kommt. Mein Ziel für die Nacht sollte Widecombe-in-the-Moor sein, ein kleines Dorf mit einer Park- und Übernachtungsmöglichkeit. Ohne Telefon- und Internetempfang, wie sich herausstellen sollte. Mag ich eigentlich überhaupt nicht, denn da ich alleine unterwegs bin, fühle ich mich etwas wohler, wenn ich im Zweifel Hilfe holen oder einfach noch abends mit jemandem telefonieren oder schreiben kann. Manchmal muss es aber so sein und nochmal loszufahren und einen neuen Platz zu suchen, war heute auch keine Option.
Nach einer ruhigen Nacht und einem kleinen Hundespaziergang fuhren wir also aus dem Straßenlabyrinth und weiter Richtung Cornwall.
Der Wetterbericht hatte viel Regen für die nächsten zwei Tage angekündigt, also fuhr ich erst einmal einen kleinen Campingplatz in St.Austell an. Nichts besonderes, jedoch bezahlbar.

Nachdem ich das nasse Wetter vorbeiziehen habe lassen, landete ich in einem großen Garten, Trelissick Gardens, um endlich mal wieder richtig mit Paula spazieren zu gehen und mich selbst auch zu bewegen. An Regentagen macht es und beiden nicht viel Spaß raus zugehen, nachher ist alles klitschnass und in dem kleinen Campervan ist wenig Platz um alles gut trocknen zu können.
Es war ein Sonntag und Muttertag in Großbritannien, gutes Ausflugswetter und der Parkplatz der Gärten brechend voll. Aber nun gut, wir stürzten uns ins Getümmel und hatten einen netten Tag. Cornwall muss im Frühling und Sommer einfach gigantisch sein, wenn all die Blumen und anderen Pflanzen in voller Blüte sind. Anfang März sieht alles noch etwas karg aus, trotzdem eine schöne Umgebung.
Unser Übernachtungsspot ist eher seltsam, in einer kleinen Straße auf einem Parkplatz neben einer Betonfabrik, aber nun gut, ist eben nicht alles so instagrammable, dafür kostenlos. Weil es in meinen Dicken am hinteren Ende die Tage reingeregnet hat, muss ich noch eine kleine Reparatur vornehmen, auch da hat mir wieder das Nuggetforum geholfen. An einer irgendwie überflüssig angebrachten Dichtungsleiste, dringt Wasser durch die Löcher der Befestigung. Mit Lackschutztape (hab den richtigen Namen vergessen) also alle Löcher abdichten. Klappt, beim nächsten Regen bleibt alles trocken. Freut mich immer, wenn ich so etwas hinkriege.

Unser nächstes Ziel ist der südlichste Punkt Großbritanniens, Lizard Point. Fragt mich nicht, was mich dorthin gezogen hat, vielleicht ein Buch, das ich mal gelesen hatte!?
Morgens also noch vor dem Frühstück fuhren wir los, in den Ort „The Lizard“, ein gigantischer Name. Würde gerne in einem Ort wohnen, der Eidechse heißt. ;D
Weil ich gelesen hatte, dass die Zufahrt hinunter zum offiziellen Parkplatz von Lizard Point recht schmal ist und Paula & ich außerdem auch einen Spaziergang brauchen, parke ich den Van mitten im Ort auf einem recht großen Parkplatz. Die Sonne scheint, aber es ist nicht zu warm, perfektes Wetter für einen solchen Ausflug. Wir wackeln also los und werden von grün bewachsenen Klippen, der Nordsee und sich sonnenden Seehunden begrüßt. Ein schönes Fleckchen Erde, wie so oft an dieser Küste.

Ich könnte stundenlang einfach nur die Wellen beobachten, die an die Klippen krachen und die Möwen und anderen Seevögel, die Fische fangen und sich gegenseitig am Himmel jagen. Dann grummelt mein Magen und ich erinnerte mich an ein Cafe, an dem wir vorbeiliefen, da gab es bestimmt typisch englisches Frühstück. Nicht für jede etwas, aber manchmal mag ich diese herzhafte Version mit Baked Beans, Würstchen, Bacon und Toast. Ich saß, bis auf ein Paar ein paar Tische weiter, also allein im Cafe, mit herrlicher Aussicht auf den südlichsten Punkt Englands und mit leckerem Essen.

An der gesamten Küste kann man entlang wandern, es gibt also auch immer schöne Spazier- oder Wanderwege in dieser Gegend. Paula und ich liefen noch ein wenig den Küstenweg entlang, nachdem wir eine riesige Traube an Möwen beobachtet hatten, die sich um den Besitzer des Cafes geschart hatte, da dieser sie einmal täglich füttert.
Zurück im Van begann sich die Sonne leider wieder ein wenig zu verabschieden, aber wir wollten noch ein kleines Stücken westlicher fahren, um einen schönen Parkplatz direkt am Meer zu finden.

Zum Schluss noch Werbung in eigener Sache:
Einige meiner Großbritannienfotos habe ich zum Drucken bereitgestellt, das heißt du kannst HIER ein Foto von mir bestellen, dass bald an deiner Wand hängt.







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